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Heft 139: Politik der Prävention - unvorsichtig - riskant - widersprüchlich

2016 | Inhalt | Editorial | Abstracts | Leseprobe

Titelseite Heft 139
  • März 2016
  • 138 Seiten
  • EUR 15,00 / SFr
  • ISBN 3-89691-999-1
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Helga Cremer-Schäfer
Kritik der Prävention
Eine kleine Sozialgeschichte seit ungefähr 1984

Nach längerer Pause diskutieren wir in diesem Heft die Widersprüche von Prävention - ausgehend von "alten" Unternehmungen (wie Prävention von Gewalt & Kriminalität, Gesundheitsprävention) und "neuen" Feldern (wie Kindheit und Sexualität). Helga Cremer-Schäfer leitet den thematischen Schwerpunkt des Heftes mit einer Darstellung der Produktivität der "frühen Kritik" von Prävention ein. Sie interpretiert das in den 1980er Jahren verfügbare Wissen über (und nicht für) Prävention als "prognostische Hermeneutik": im "fortgeschrittenen" Heute die morgen möglichen Fortschritte der Herrschaftstechniken erkennen und damit Welt anders interpretieren als durch vorgegebene Fortschrittsmythen.

Christa Sonnenfeld
Gesundheit durch Selbstkontrolle

Für Christa Sonnenfeld, die im Dezember 2015 viel zu früh verstorben ist, hat Günter Papst mit einem Nachruf unsere Trauer ausgedrückt. Durch den Wiederabdruck ihres 1989 geschriebenen Beitrags über "Gesundheit durch Selbstkontrolle" wollen wir durch ein Beispiel die Produktivität der "frühen Kritik" von Prävention im Bereich Gesundheit konkretisieren.

Nicoletta Rapetti
Ganzheitlichkeit oder Totalität?
Absurde Überlegungen zu einer präventiven Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen

Davon, dass es Prävention an sich nicht gibt, geht Nicoletta Rapetti in ihren Überlegungen zu einer präventiven Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen aus. Sie analysiert die Verbindung zwischen Präventionslogik und ganzheitlichem Ansatz, um Widersprüchlichkeiten und gegenseitige Verstärkungen herauszuarbeiten. Im Rückgriff auf Albert Camus und den Begriff des Absurden stellt sie die Logik von Prävention der Frage nach Freiheit gegenüber.

Manfred Kappeler
Prävention als tyrannisches Zeitregiment von Gegenwart

Aufgrund technischer Probleme kann Manfred Kappelers angekündigter zweiter Teil seines im vorherigen Heft erschienenen Beitrags nicht erscheinen. Stattdessen untersucht er in seinem Beitrag die Zeitdimensionen im Präventionsbegriff und stellt die These auf, dass Prävention in der Gegenwart, legitimiert mit "Gewissheiten" aus der Vergangenheit, in die Zukunft projizierte Gefahren bekämpfen will. Prävention präjudiziert damit nicht nur den Zukunftshorizont der nachwachsenden Generationen - sie beeinträchtigt selbstbestimmtes Leben in der Gegenwart. Prävention ist ein tyrannisches Zeitregiment.

Julia König
Wer jagt wen um der Kinder willen?
Das Präventionsparadigma als Folie für gesellschaftliche Kämpfe um Sexualität

Julia König analysiert den Zusammenhang der Konjunktur von Präventionsaktivitäten mit der öffentlichen Diskreditierung einer Sexualpädagogik der Vielfalt und der Bestimmung von Pädosexualität als letzter Perversion, die zum Verschwinden gebracht werden müsse. Aus einer reflexiven psychoanalytischen und sexualwissenschaftlichen Perspektive ist es jedoch der präventive Blick, der verhindert, mit der strukturell immer wieder entstehende erwachsene Irritation über die kindliche Sexualität so umzugehen, dass sich die Anerkennung der Differenz zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität bei Erwachsenen entwickelt und Projektionen (wie die einer auf das unschuldige Kind lauernden Bestie) ihre Notwendigkeit verlieren. Leseprobe

Manfred Kappeler, Christian Lüders
Abschaffen oder seinen ideologisch-technokratischen Gebrauch verhindern?
Eine Kontroverse über den Begriff "Prävention"

In einem Streitgespräch über Prävention schließlich kritisiert Christian Lüders die Position der Widersprüche als idealistisch, weil man zwar den Begriff dekonstruieren, ihn vielleicht sogar abschaffen könne, die Prävention als praktisches Handeln und als eine Struktur des Denkens in der Moderne aber nicht. Manfred Kappeler kritisiert die vom Deutschen Jugendinstitut vertretene Auffassung, man müsse eine "entgrenzte" Prävention von ihren vielen problematischen Nebenwirkungen befreien um ihre positiven Wirkungen zur Geltung bringen zu können, als idealistisch, weil diese "Nebenwirkungen" keine dem Begriff zugeschriebenen seien, sondern dem Begriff inhärent. Die dadurch hervorgerufenen Widersprüche können zwar durch Reflexion und Kritik bearbeitet, nicht aber aus der Welt geschafft werden.

Sebastian Schneider
Grenzen der Partizipation heute
Objektivierung, affirmative Wendung und die Ambivalenz von Ermächtigung und Unterwerfung

Im Forum diskutiert Sebastian Schneider am Beispiel der Pädagogik Janus Korcaks Partizipation als Möglichkeit einer Bewegung im Prozess der Emanzipierung. Gegen diese Möglichkeit setzt er die gegenwärtigen Erfahrungen, dass im Rahmen des Umbaus des Sozial- zum Workfare-Staat Partizipation auch Teil der Legitimation von autoritären Praktiken geworden ist. Partizipation kann daher nicht mehr eindeutig als Teil einer Bewegung vom Status als Objekt zu dem als Subjekt wohl aber widersprüchlich gedacht werden. Gegen affirmative Praktiken des Partizipieren Lassens, stehe der Pädagogik der Modus der "reflexiven Kritik" zur Verfügung.

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