Heft 84: Der oder die Sozialstaat? Doing Gender europäischer Wohlfahrtsregime
2002 | Inhalt | Editorial | Abstracts | Leseprobe
- Juni 2002
- 108 Seiten
- EUR 11,00 / SFr 19,80
- ISBN 3-89370-368-3
Ilona Ostner
"Staatlich geförderte Selbsthilfe"
Der britische Wohlfahrtsstaat vor und unter New Labour
Was ist alt, was neu an New Labour? Und welchen Stellenwert hat die Familie im Umbau des britischen Wohlfahrtsstaats? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag nach, indem er dessen diesbezügliche Logik vor und seit New Labour zu rekonstruieren versucht. Dabei soll die These belegt werden, dass Familie in diesem Zusammenhang immer mehr zu einer Funktion des Arbeitsmarktes wird.
Mechthild Veil
Familienpolitik und sozialpolitische Konstruktionen der Geschlechterverhältnisse im deutsch-französischen Vergleich
Anhand der Unterschiede in der Struktur der Familienpolitik von Frankreich und Deutschland werden nicht nur Differenzen in den wohlfahrtsstaatlichen Arrangements beider Länder, sondern auch der Geschlechterarrangements herausgearbeitet. In beiden Ländern sind Leitbilder und Familienkonzepte, die die Geschlechterverhältnisse prägen, im Wandel begriffen. Der Beitrag zeigt, wie in Frankreich Familienpolitik und ihre Begründung zunächst in einer rein natalistischen Orientierung ohne die Kategorie Frau auszukommen versuchte, sich mittlerweile aber zunehmend auf die beruflichen Interessen von Müttern einerseits und auf die Familie als Ort der Beschaffung von Arbeitsplätzen andererseits konzentriert. Demgegenüber hat sich in Deutschland im Zuge der Erosion des bisher vorherrschenden Leitbildes vom männlichen Familienernährer weder in den gesellschaftlichen Prozessen noch auf der politischen Ebene ein konsensfähiges neues Frauenleitbild herausgebildet.
Maria Bitzan
Sozialpolitische Ver- und Entdeckungen
Geschlechterkonflikte und Soziale Arbeit
Der folgende Beitrag gewinnt seine spezifische Blickrichtung auf Soziale Arbeit aus der Voraussetzung, dass gesellschaftliche Konfliktverhältnisse weder adäquat gesellschaftlich wahrgenommen noch in der Öffentlichkeit verhandelt werden. Es geht hier um die Geschlechterkonflikte einer Gesellschaft, die sich selbst als demokratisch, egalitär und gerecht beschreibt hinsichtlich der Gleichheit zwischen Männern und Frauen. Die Betrachtung moderner sozialpolitischer Konstruktionen des Geschlechterverhältnisses, die auch pädagogische und vor allem sozialpädagogische / sozialarbeiterische Professionen einschließen, zielt auf ein Plädoyer für regionale sozialpolitische Öffentlichkeiten, in denen sowohl die Inhalte geschlechterpolitischer Ungleichheiten thematisiert als auch eine andere Bezugnahme von Frauen aufeinander deutlich werden können. Denn ein Kennzeichen dieses Konfliktes ist die Abwertung/Unkenntlichmachung weiblicher Bezugnahmen und ihrer sozialpolitischen Leistungen. Leseprobe
Michael May
Hegemoniale Männlichkeit und Sozialstaat
Wie sich "das Soziale" als eigener Sektor herausgebildet hat, dazu gibt es ebenso verschiedene Theorien wie bezüglich des Verhältnisses zwischen Staat und Ökonomie. An prominenten Beispielen wird gezeigt, wie diese Theorien immer auch durch einen spezifischen Bezug auf das Geschlechterverhältnis gekennzeichnet sind. Vor diesem Hintergrund wird dann das Verhältnis zwischen Sozialstaat und dem, was in der Theoretisierung des Geschlechterverhältnisses "hegemoniale Männlichkeit" genannt wird, in seiner historischen Entwicklung und seinen aktuellen Tendenzen etwas näher beleuchtet. Dabei geht es ganz zentral auch darum, Perspektiven für eine antihegemoniale Politik des Sozialen zu entwickeln.
Roger Dale
Globalisierung, Bildung und Migration
Der Beitrag fragt nach den Auswirkungen der aktuellen weltweit sich vollziehenden Globalisierungsprozesse auf die Bildung. Dieser Frage wird sich in der Untersuchung ihrer drei konstitutiven Teilaspekte genähert: erstens in einer Bestimmung der Vorgänge auf der supranationalen Ebene, mittels derer die Verbreitung der Werte der westlichen Moderne geschieht; zweitens in einer Auseinandersetzung mit den Mechanismen, mittels derer diese Vorgänge auf der supranationalen Ebene sich auf die einzelstaatlichen Bildungssysteme auswirken - hier werden drei solche Mechanismen unterschieden: global governance, Folgewirkungen und Kollateralschäden; sowie drittens in einer Befassung mit den entsprechenden Auswirkungen selbst auf die jeweiligen Bildungssysteme, die von den Gemeinsamkeiten der global verbreiteten kurrikularen Kriterien herrühren. Als konkretes Beispiel für entsprechende Prozesse wird die 'Globalisierungsfolge' Migration in ihrem Zusammenhang mit Bildung untersucht.
Michael Lindenberg
Aufgeklärte Herrschaft im aktivierenden Staat
Anmerkungen zu den Thesen der Hamburger Sozialsenatorin "zur Zukunft der Sozialen Arbeit in Hamburg"
Im Januar 2002 hat die Hamburger Sozialsenatorin ein Papier zur Zukunft Sozialer Arbeit in Hamburg veröffentlicht. Anhand dieses Hamburger Fallbeispiels lässt sich zeigen, wie "aufgeklärte Herrschaft" im "aktivierenden Staat" Sozialpolitik umsetzen will. Das Papier beantwortet darüber hinaus die Frage, welche Folgen diese Umsetzung für die Selbstbeschreibung Sozialer Arbeit haben soll. Ich habe dieses Papier daher als den Versuch gelesen, die Sozialpolitik des "aktivierenden Staates" für Hamburg programmatisch zu bestimmen.