Welcher Zusammenhalt?
Abstract
Der Beitrag kritisiert die Beschwörung von Zusammenhalt, denn sie entzieht die widersprüchlichen Grundlagen des Zusammenlebens in kapitalistischen Gesellschaften dem Blick. Dass die Qualität gesellschaftlichen Zusammenlebens zunehmend aus dem Blick geriet, ist selbst, so das Argument, Ergebnis eines politischen Kriegs gegen die Gesellschaft als politisches Gemeinwesen, der in den 1970er Jahren einsetzte. Er zielte darauf ab, Verteilungsfragen zu entpolitisieren (Tooze) und somit die Ungleichheitsverhältnisse gegen gesellschaftliche Intervention durch die abhängigen Klassen abzusichern. Das Ergebnis war und bleibt auseinanderdriftende Gesellschaften sowie der Aufstieg rechter politischer Bewegungen und Parteien. Diese versuchen, die politische Leerstelle auf ihre Weise mit der Entgegensetzung von Freund und Feind zu füllen. Der Beitrag rückt Gesellschaft als politisches Gemeinwesen wieder ins Zentrum, diskutiert die neuartigen Überlagerungen von Klassenungleichheiten und Teilhabeungleicheiten im Zuge des Auseinanderdriftens der Gesellschaft, die Folgen für die moralische Ökonomie (den Bruch des impliziten Gesellschaftsvertrags und die daraus resultierende Wut) und erörtert abschließend Möglichkeiten der Gegenwehr.