Eliten-Schwindel

Schwerpunkt

Elitendiskussion und politische Kultur in Deutschland Eine Einführung in den Themenschwerpunkt
Eliten und Demokratie

Der Ruf nach einer Expertokratie, nach einer Herrschaft der Funktionseliten ist immer wieder (und verstärkt wieder in jüngster Zeit) in den öffentlichen Debatten zu vernehmen. Dabei suggeriert der Diskussion um die Eliten - wo sie für jene Partei ergreift -, dass es sich bei den Eliten um Leistungseliten handle, über den Zugang zu ihnen also das individuelle Vermögen entscheide. Der folgende Beitrag räumt nicht nur mit der scheinbar demokratischen Leistungsideologie auf, sondern er zeigt u.a., dass [em]Vermögen[/em] - nämlich [em]finanzielles[/em] - sehr wohl nach wie vor eine Rolle spielt. Alles in allem kann man die Entwicklung in den USA, aber nicht nur dort, treffend mit den Worten von Warren Buffett, dem zweitreichsten Mann der Welt, charakterisieren, der in seinem Aktionärsrundbrief 2004 kurz und knapp schreibt: In Amerika wird ein Klassenkrieg geführt und meine Klasse gewinnt eindeutig.

Begabungsideologie, Hegemonie der Eliten und Bildungspolitik

Angesichts der Reproduktion sozialer Ungleichheit mithilfe des Bildungssystems, bei steigender Bedeutung von Bildung für Individuen und Gesellschaft, stellt sich die Frage nach hegemonialen Strategien der Eliten und Ideologemen, die dies absichern (sollen). Abgesichert wird das herrschende System der Bildungsapartheid - am besten im deutschen dreigliedrigen, ständestaatlichen Ursprüngen entstammenden Schulsystem verkörpert - in entscheidender Weise durch die Ideologie der Begabung, mit der Einzelnen ihr gesellschaftlicher Platz zugewiesen wird. Diskutiert wird in diesem Artikel deshalb zum einen der gesellschaftspolitische, bildungsmäßig vermittelte, Ort dieser Strategie, zum anderen geht es um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Positionen der pädagogischen Psychologie, dem von ihr produzierten legitimatorischen wissenschaftlichen Schein.

Die Intellektuellen und Europa

Für Platon war die Demokratie ein großes Unglück und eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben der Philosophen. Für den modernen Intellektuellen ist die Demokratie die einzige halbwegs verlässliche Existenzvoraussetzung. Die Demokratie unserer Tage unterscheidet sich auch dadurch von ihrem klassischen Vorläufer, dass sie den Intellektuellen die Rolle des moralischen Helden verweigert. Sartre stirbt im Bett, Botho Strauß schreibt im [em]Spiegel[/em], und das 20. Jahrhundert, das Talcott Parsons das amerikanische genannt hat, unterscheidet sich - im Westen - auch darin von dem Achtzehnten, dass man Voltaire nicht mehr verhaftet. Es ist, schreibt Michael Walzer, eine der Entdeckungen der modernen Demokratie - ein Fortschritt, den wir seit den Griechen gemacht haben -, dass wir, wenn wir den Kritiker nicht töten, dadurch das Recht erwerben, ihn nicht zu bewundern (Michael Walzer). Die Demokratie ist eine unheroische Lebensform (Hans Kelsen). Der nachfolgende Text arbeitet diesen wichtigen Unterschied zwischen moderner und klassischer Demokratie, zwischen modernem und klassischem Humanismus heraus, und versucht auf diese Weise die Frage nach der Stellung des Intellektuellen innerhalb eines Europas, dessen Demokratisierung unvollendet ist und in dem bislang ist keine [em]europäische[/em] Demokratiebewegung von unten erkennbar ist, zu beantworten.

Forum

Fanatismus verstehen Ein philosophischer Beitrag zum pädagogischen Umgang mit (Rechts-)Extremismus

Rezensionen

über Michael Hartmann: Der Mythos von den Leistungseliten. Spitzenkarrieren und soziale Herkunft in Wirtschaft, Politik, Justiz und Wissenschaft. Frankfurt/M., Campus 2002, 208 S., 19,90 Euro
über Sabine Hering, Kurt Schilde (Hrsg.): Die rote Hilfe. Die Geschichte der internationalen kommunistischen Wohlfahrtsorganisation und ihrer sozialen Aktivitäten in Deutschland (1921 - 1941). Opladen 2003, 326 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 24.90 Euro
über Oliver Geden: Männlichkeitskonstruktionen in der Freiheitlichen Partei Österreichs. Eine qualitativ-empirische Untersuchung. Opladen 2004, 133 Seiten, 14,90 Euro
über Winfried Beck: Nicht standesgemäß. Beiträge zur demokratischen Medizin. VAS - Verlag für Akademische Schriften, Frankfurt/M 2003, 169 Seiten, 14,80 Euro
über Thomas Enke: Sozialpädagogische Krisenintervention bei delinquenten Jugendlichen. Eine Längsschnittstudie zu Verlaufsstrukturen von Jugenddelinquenz. Weinheim/München. Juventa 2003, 248 S., 22 Euro