Unser aktuelles Heft

Epistemische Gewalt

Heft 178

Dass die Produktion von Wissen und Wissenschaft nicht jenseits von Machtordnungen stattfindet, sondern diese Ordnung impliziert und auch selbst hervorbringt, ist keine neue Erkenntnis. Dennoch ist die kritische Reflexion der eigenen epistemischen Voraussetzungen, Implikationen und Analysen unter machttheoretischen Vorzeichen bis heute keine Selbstverständlichkeit. Auch nicht in linken (akademischen) Projekten, die mit Anspruch antreten, „subalternen Stimmen“ Gehör zu verschaffen. Doch gelingt das, wenn das „vertretene“ Subjekt dadurch zum Objekt etablierter Formen von Wissenschaft wird? Sie vergeben Begriffe, die das betroffene Subjekt erst erlernen muss, konstituieren Denkformen, dessen Denkmuster das betroffene Subjekt sich erst aneignen muss. Sie etablieren einen Diskurs, der nicht derjenige der betroffenen Subjekte selbst ist und dennoch behauptet, es zu sein. Diese Form einer äußerst subtilen Ausschließung kann schwerer zu erkennen und durchbrechen sein als jede Form von roher, direkter Gewalt. Das Analysekonzept der epistemischen Gewalt intendiert solche oft unerkannten sozialen Ausschlusspraktiken aufzudecken. Das Heft will analytisch sichtbar machen, welche herrschaftlichen Strukturen sich auch in kritischen Wissensproduktionen wiederfinden. Es orientiert sich dabei an den Fragen, was das Konzept analytisch tatsächlich leisten kann und wo es möglicherweise selbst Leerstellen hat.

Soziale Arbeit und Polizei

Spannungen, Relationierungen und Interdependenzen

Heft 177

Ausgangspunkt des Heftes ist die breite Diskussion über institutionelle und professionsbezogene Neujustierungen im Verhältnis von Sozialer Arbeit und Polizei. Überwiegend wird darin konstatiert, dass Differenzlinien aufgeweicht würden und eine Kooperation der beiden Instanzen als fachlich notwendig oder gar unhintergehbar erachtet wird. Dieser Diskurs, die Entwicklungen und Bezugspunkte der beiden Instanzen werden in der analytisch-programmatischen Dimension kritisch diskutiert, etwa mit Blick auf eine drohende Subordination Sozialer Arbeit unter polizeiliche Rationalitäten – gerade im Kontext zunehmend ordnungspolitischer und auf Risikominimierung ausgerichteter Praxen.

Der Schwerpunkt des Heftes liegt auf empirischen Untersuchungen und Reflexionen aus der Praxis. Diese befassen sich mit Aushandlungen über Deutungen und Praktiken der Polizierung der Adressat:innen Sozialer Arbeit in den Organisationen, im öffentlichen Raum sowie mit Antworten, die die Soziale Arbeit darauf liefert. In diesen Interaktionen zwischen den Akteur:innen der Sozialen Arbeit, ihren Adressat:innen und der Polizei spielen Konflikte um Differenzen, Zugehörigkeiten, Diskriminierungen und Abwertungen eine zentrale Rolle.